Der Bund und Länder sind sich uneins über das Nebeneinander der Freiwilligendienste BFD und FSJ / FÖJ. In die Länderkompetenz fallen die Jugendfreiwilligendienste FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) und FÖJ (Freiwilliges Ökologisches Jahr), in die Kompetenz des Bundes der neue BFD (Bundesfreiwilligendienst). Bei dem Streit geht es um die Förderung der Dienste, um die Freiwilligen.
Das Bundesfamilienministerium besteht, so die Pressemeldungen von heute, auf einer neuen Quote für den BFD, den Nachfolger des Zivildienstes. Danach möchte der Bund mehr Stellen für den neuen Bundesfreiwilligendienst.
Der BFD sollte eine Kultur des freiwilligen Engagements in Deutschland, des Ehrenamtes, eingliedern. Die Familienministerin sprach von „Bufdis„, die in die Fußstapfen der „Zivis“, also Zivildienstleistenden, treten sollten. 35 000 Stellen sind für den BFD geplant. Neben den klassischen Einsatzbereichen in Altenheimen, Krankenhäusern oder Kindertageseinrichtungen können die Bufdis auch in Kultureinrichtungen, bei Sportvereinen oder in der Integrationsarbeit tätig werden. Bis zu 330 Euro monatliches Taschengeld sollen sie dafür erhalten. Die genaue Höhe legt die Einsatzstelle fest. im Monat.
Allerdings: viele Freiwillige haben sich noch nicht für den BFD gefunden. Das Familienministerium gab die Zahlen für den BFD wie folgt bekannt: etwa 17.300 Freiwillige haben den Dienst angetreten. Darunter waren aber 14.300 Männer, die ihren Zivildienst freiwillig verlängert haben. Es wurden nur etwa 3000 neue Verträge zum BFD geschlossen.
Das liegt wohl daran, dass der neue Dienst noch nicht sehr bekannt ist. Außerdem sind die Rahmenbedingungen noch nicht ganz klar. Für die Bufdis bekommen deren Eltern erst rückwirkend das Kindergeld weitergezahlt; daran wird gerade noch gearbeitet.
Ein weiteres Problem wird, wie es aussieht, nun die finanzielle Förderung der Freiwilligendienste. Der Bund will in der Zukunft die finanziellen Zuschüsse für Freiwilligendienste der Länder daran festmachen, dass mehr BFD-Plätze eingerichtet werden. In den Ländern wird von „Erpressung“ und „Wortbruch“ gesprochen. Der Streit wurzelt in der Tatsache, dass es mit dem BFD auf der einen und dem FSJ und FÖJ auf der anderen Seite nun eine Doppelstruktur im Bereich der Freiwilligendienste gibt. Die Länder regeln in eigener Verantwortlichkeit die bereits seit Jahren bestehenden Freiwilligendienste FSJ und FÖJ .Der BFD steht unter Bundeshoheit, da er der Nachfolger des Zivildienstes ist, der zugleich mit der Wehrpflicht ausgesetzt wurde.
Nun gibt es also Konkurrenz auf dem Markt der Freiwilligendienste. Durch das umgetaufte Bundesamt für Zivildienst, das nun Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben heißt, behält der Bund seinen Einfluss; es ist für den BFD zuständig. Außerdem fördert der Bund die pädagogische Schulung der Freiwilligen im FSJ und FÖJ mit 200 Euro monatlich pro Freiwilligen.
Die Länder möchten ihren Einfluss natürlich nicht geschmälert wissen. Sie gaben ihr Einverständnis für die Einführung des BFD nur unter der Voraussetzung, dass der Bund ihre FSJ- und FÖJ-Plätze im vereinbarten Maße fördert, und zwar auch dann, wenn von den jeweiligen Trägern keine Plätze für den BFD angeboten werden. An dieser Prämisse kratzt der Bund nun: die Bewilligung der Fördermittel für FSJ-Plätzen soll nun an die Zahl der abgeschlossenen BFD-Verträge gekoppelt werden. Für zwei BFD-Verträge werden drei FSJ-Plätze gefördert. Das bedeutet, dass diejenigen Einrichtungen, die lediglich das FSJ anbieten, keine Förderung erhalten könnten.
Zurzeit gibt es wohl 60 000 Anfragen für das FSJ. Im Jahr 2010 waren es 20.000 weniger. Der BFD hingegen ist nicht sehr gefragt.
Das Bundesfamilienministerium erklärte, dass es für die einzelnen Bewerber ohnehin keinen Unterschied mache, ob sie ein FSJ oder einen BFD absolvierten. „Wer also möchte, dass jede Freiwillige und jeder Freiwillige auch einen Platz bekommen, der muss sich darum kümmern, dass
beide Dienste ausgewogen besetzt werden.“ So ein Kommentar.
Hintergrund: Vergleich FSJ und BFD
Die plötzliche Einmischung staatlicher Institutionen in ein seit Jahren gut funktionierendes System wird dazu führen, dass Jugendliche in Bayern, die durch den doppelten Abiturjahrgang keinen Studienplatz bekommen und sich als Absicherung für das FSJ beworben haben im September mit leeren Händen dastehen und sich dann arbeitslos melden dürfen. Ein größeres Chaos konnte man eigentlich nicht mehr verursachen.
Ohnehin sollte sich der Bund aus sozialen Angelegenheiten, von denen er nichts versteht weitgehend heraushalten. Kirchen und andere soziale Träger auf Landesebene, NGOs etc. sind sowieso wesentlich kompetenter als der Bund. Je weiter die Entscheidungsträger vom Bürger entfernt sind, desto weniger wird auf die tatsächlichen Bedürfnisse eingegangen. Uns reicht schon München! Was sollen wir mit Berlin? Die entstandene Doppelstruktur ist überflüssig wie ein Kropf und nichts weiter als reines Prestigedenken nach dem Motto „Seht her es geht auch ohne Zivildienst!“.
Tatsächlich sind unsere Jugendlichen lange nicht so unwillig, wie gemeinhin behauptet wird. Jetzt aber gewinnt die Diskussion durch wiederholte Forderung nach einem Pflichtjahr (z.B. Seniorenunion!!) erneut an Schärfe. Die Jugendlichen werden ein bis zwei Jahre früher auf den Arbeitsmarkt geschmissen und müssen zwei bis drei Jahre länger arbeiten als die heutigen Senioren! Soll man sich da noch ein Pflichtjahr für 330€ mtl. raufhängen lassen?
Wie wäre es, wenn sich die Senioren mal wieder in den Vereinen blicken lassen würden, wo sie sich zunehmend aus der Verantwortung stehlen, obwohl viele den ganzen Tag Zeit haben! Die Sache ist eben nicht so einfach und man sollte gegenüber der heutigen Jugend nicht ungerecht sein!
Mit freundlichem Grüßen,
Matthias Bergmann
Also,ein Freiwilliges Jahr würde ich nicht als ,,auf den Arbeitsmarkt schmeißen“ bezeichnen. Die Jugendlichen sammeln viel gute Erfahrung und es eröffnen sich neue Perspektiven dadurch! Auch Abitur nachholen ist damit möglich. Für Jugendliche mit Depressionen und leichter sozialer Phobie ist das mitunter das Sprungbrett für ein normales Arbeitsleben später mal. Auch das Selbstbewusstsein wird gestärkt.