Abitur nach 12 Jahren – das hört sich gut an. Man ist ein Jahr früher mit der Schule fertig und kann erste „wirkliche“ Lebenserfahrungen sammeln oder früher mit dem Job anfangen. Doch bringt ein G8 wirklich diese Vorteile? Jedenfalls, was ein Freiwilliges Jahr im Ausland betrifft, gibt es Probleme, wenn man noch nicht 18 Jahre alt ist. Hier einige Beispiele aus unserer Praxis:
FSJ im Ausland mit 17
Felicia K. ist derzeit die jüngste Schülerin der Q 12 eines Gymnasiums in München. Sie hatte geplant, nach dem Abi für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Als sie jedoch mit Recherche begonnen hatte, kam die Ernüchterung schnell: „Mit 17 scheidet ein FSJ im Ausland aus, weil das meistens Jahresprogramme mit festem Stichtag sind, an dem man 18 sein muss. Aber auch alle anderen Auslands-Programme sind nicht für 17jährige konzipiert. Work & Travel in Chile wird erst ab 18 angeboten, Schnupperstudienprogramme in den USA ebenso. Auch wenn man mit Erlaubnis der Eltern auf eigene Faust mit 17 etwas organisiert, ist es immer problematisch – wenn es überhaupt geht“, so Felicia. Mit 17 ist es aber auch nicht einfach zu studieren. „Überall ist dann die Unterschrift der Eltern erforderlich. Auch sinnvolle Praktika vor dem Studium und „einfach nur Geld verdienen“ sind mit 17 nicht einfach zu realisieren. Für eine Ferienbeschäftigung zwischen Schulabschluss und Beginn des Studiums muss man oft mindestens 18 sein.“
Nach Felicias Ansicht ist es schwierig, das oft sogenannte „gewonnene“ Jahr wirklich intensiv zu nutzen und davon zu profitieren, wenn man noch keine 18 ist.
Work and Travel unter 18 schlecht möglich
Martina L. wird im Monat nach der letzten Abiturprüfung 18 Jahre alt. Sie möchte mit „Work & Travel“ nach Australien reisen. Das geht. Sie braucht das „Working Holiday Visum“. Das kann man aber erst beantragen, wenn man 18 ist, und bis es ausgestellt ist, kann es bis zu acht Wochen dauern. Deswegen kann sie den Flug, wenn sie ihn vorher buchen möchte, erst auf Mitte Oktober legen, da sie sonst eventuell noch kein Visum hat. Das ist eine Zeitverzögerung von einigen Monaten.
Ferienjob im Ausland nicht mit 17
Miriam S. hat für die Zeit nach dem Abitur mehrere Möglichkeiten in Erwägung gezogen. Zunächst hatte sie über ein Auslandsjahr nachgedacht. Aber auch sie merkte, dass man als Minderjährige auf viele Probleme stößt. Aus diesem Grund änderte sie ihren Plan und will nach dem Abitur mit dem Studium zu beginnen und den Sommer über jobben. Sie hatte auch geplant zwischen Abitur und Studium als Animateurin in einem spanischen Hotel zu arbeiten. Aber das ist auch erst ab 18 möglich. Sie hofft dennoch einen Job zu finden. Weil Miriam erst nach Semesterbeginn volljährig wird, braucht sie die Erlaubnis ihrer Eltern, um sich an der Uni einschreiben zu können. Auch beim Mietvertrag für die Studenten-WG ist sie auf ihre Eltern angewiesen.
Kein Kindergeld bei freiem Freiwilligendienst im Ausland
Diese Situation ist nicht ungewöhnlich. Thorsten M. hatte sich frühzeitig für den Internationalen Jugendfreiwilligendienst bei verschiedenen Organisationen beworben. Alle seine Anfragen wurden mit Hinweis auf seine „Minderjährigkeit“ abgelehnt. Thorsten hat sich nun einen Aufenthalt als Lernhelfer in Equador mühsam selbst organisiert. Ob seine Eltern in dieser Zeit weiter Kindergeld bekommen, entscheidet die Familienkasse in solchen Situationen „von Fall zu Fall“.
Für ein Visum nach Südafrika muss man volljährig sein
Tobias P. möchte als Freiwilliger mit dem entwicklungspolitischen Freiwilligendienst nach Südafrika. Er hätte an sich kein Problem in das Projekt auch als Minderjähriger hinein zu gehen. Allerdings geht das nicht wegen des Visums. Dafür muss man in Südafrika 18 Jahre alt sein.